Offene IT-Architektur als Basis für Open-Government

Bild: Moritz Kosinsky (CC-BY-SA)
Eine Welt ohne Open-Source-Software ist eine Welt in der wir Gefangene von proprietären Software-Anbietern sind, die unsere Leben betreiben. [1]
Eine Voraussetzung jeder Demokratie ist ein Zugang zu ihren Verwaltungsstrukturen, über welche die Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme einbringen können. Damit möglichst jede Stimme ihre beabsichtigte Wirkung entfalten kann, muss die Funktionsweise der Verwaltung durch die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar sein.
Schon seit Jahren besteht jedoch ein Widerspruch zwischen dieser demokratischen Voraussetzung und der Nachvollziehbarkeit der Funktionsweise von aktuell verwandter Software in der öffentlichen Verwaltung. Diese Diskrepanz wird sich immer stärker auf die Gesamtgesellschaft auswirken, da sich immer mehr Dienstleistungen weg von einer Mensch-zu-Mensch-Interaktion hin zum automatisierten Dialog verlagern: Nicht nur, dass immer mehr Bücher im Internet gekauft und Reisen online gebucht werden, auch der Kontakt zwischen Bevölkerung und Verwaltung wird zunehmend über Computerprogramme bewerkstelligt. Diese Informations- und Kommunikationstechnologien bilden die Basis für E-Government-Lösungen und damit auch für IT-gestützte Open-Government-Lösungen.
Die demokratische Relevanz von Open-Government-Lösungen lässt die Frage zu, inwiefern hierfür genutzte Software dem Primat der Politik unterliegt.
Open-Source-Software, also Software, deren Quelltext öffentlich einsehbar ist und damit von Sachverständigen Dritten in ihrer tatsächlichen Funktion nachvollzogen werden kann, ist ein Garant dafür, dass ein Programm auch wirklich (nur) das tut, was es tun soll. Einschränkungen dieser Transparenz und der demokratischen Kontrollmöglichkeiten können an anderer Stelle nicht ausgeglichen werden. Open-Source-Software ist damit der Gegenentwurf zu der heute im öffentlichen Dienst nahezu flächendeckend eingesetzten proprietären Software, deren Funktionsweise demokratisch nicht zu überprüfen ist.
Zum Wesenskern von Open-Government gehört, dass der Staat nicht mehr nur mitteilt (anordnet, verordnet, verkündet), sondern auch zuhört. Wenn die Softwarebasis dieses Dialogs aber nicht demokratisch beleuchtet werden kann, bleibt das Vertrauen in das Ergebnis des Dialogs mindestens schattenbehaftet. Diese Fragwürdigkeit darf sich aber keine Demokratie erlauben.
Für den Einsatz von Open-Government-Lösungen folgt daraus, dass eine alleinige Entwicklung von Open-Government über die Bausteine Open Data, E-Partizipation und E-Zusammenarbeit unvollständig ist, wenn sich die Öffentlichkeit der demokratiekonformen Funktionsweise der Softwarearchitektur dieser Bausteine nicht durch Sachverständige Dritte versichern kann. Weil Technikeinsatz als dienendes Instrument und nicht als „autoritär-administrierende-Fernsteuerung“ zu konzipieren ist, muss eine demokratische Gesellschaft auch für Software des öffentlichen Dienstes Mitbestimmungsrechte ausüben können. Insofern ist Open-Source-Software eine Voraussetzung für demokratiekonforme Open-Governement-Lösungen.
Nach der Eröffnung des nordrhein-westfälischen Open-Data-Portals open.nrw am 16. März 2015, könnte nun überlegt werden, die Open-Government-Strategie des Landes auch für die Kommunen auf der Basis technischer Offenheit mittels Open-Source-Software weiter zu fördern. [2]
Dieser Text stellt übernommene und anknüpfende Überlegungen zu „Open Government – ein aktuelles Thema für Aus- und Fortbildung“, Reinhard Mokros, Vizepräsident der FHöV NRW, Gelsenkirchen, apf, Ausbildung – Prüfung – Fachpraxis, Zeitschrift für staatliche und kommunale Verwaltung, Heft 9, September 2013, 39. Jahrgang, Seite 257ff dar.
- [1] vgl. Stefano Zacchiroli (fsfe.org/campaigns/ilovefs/whylovefs/whylovefs.en.html [abgerufen am 22.03.2015])
- [2] vgl. SPD – Bündnis 90/Die Grünen: Koalitionsvertrag NRW 2012-2017, S. 117

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