Offene IT-Architektur als Basis für Open-Government

Eine Welt ohne Open-Source-Software ist eine Welt in der wir Gefangene von proprietären Soft­ware-Anbietern sind, die unsere Leben betreiben. [1]

Eine Voraussetzung jeder Demokratie ist ein Zugang zu ihren Verwaltungsstrukturen, über welche die Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme einbringen können. Damit möglichst jede Stimme ihre be­absichtigte Wirkung entfalten kann, muss die Funktionsweise der Verwaltung durch die Bürgerin­nen und Bürger nachvollziehbar sein.

Schon seit Jahren besteht jedoch ein Widerspruch zwischen dieser demokratischen Vorausset­zung und der Nachvollziehbarkeit der Funktionsweise von aktuell verwandter Software in der öf­fentlichen Ver­waltung. Diese Diskrepanz wird sich immer stärker auf die Gesamtgesell­schaft aus­wirken, da sich immer mehr Dienstleistungen weg von einer Mensch-zu-Mensch­-Interaktion hin zum automatisier­ten Dialog verlagern: Nicht nur, dass immer mehr Bücher im Internet gekauft und Reisen online ge­bucht werden, auch der Kontakt zwischen Bevölke­rung und Verwaltung wird zu­nehmend über Computerprogramme bewerkstelligt. Diese In­formations- und Kommunikationstech­nologien bilden die Basis für E-Government-Lösun­gen und damit auch für IT-gestützte Open­-Government-Lösungen.

Die demokratische Relevanz von Open­-Government-Lösungen lässt die Frage zu, inwiefern hierfür genutzte Software dem Primat der Politik unterliegt.

Open-Source-Software, also Software, deren Quelltext öffentlich einsehbar ist und damit von Sachverständigen Dritten in ihrer tatsächlichen Funktion nachvollzogen werden kann, ist ein Ga­rant dafür, dass ein Programm auch wirklich (nur) das tut, was es tun soll. Einschränkungen dieser Transparenz und der demokra­tischen Kon­trollmöglichkeiten können an anderer Stelle nicht ausge­glichen werden. Open-Source-Software ist damit der Gegenentwurf zu der heute im öffentlichen Dienst nahezu flächendeckend eingesetzten proprietären Software, deren Funktionsweise demo­kratisch nicht zu überprüfen ist.

Zum Wesenskern von Open-Government gehört, dass der Staat nicht mehr nur mitteilt (anordnet, verordn­et, verkündet), sondern auch zuhört. Wenn die Softwarebasis dieses Dialogs aber nicht de­mokratisch beleuchtet werden kann, bleibt das Vertrauen in das Ergebnis des Dialogs mindestens schat­tenbehaftet. Diese Fragwürdigkeit darf sich aber keine Demokratie erlauben.

Für den Einsatz von Open-Government-Lösungen folgt daraus, dass eine alleinige Entwicklung von Open-Government über die Bausteine Open Data, E-Partizipation und E-Zusammenarbeit un­vollständig ist, wenn sich die Öffentlichkeit der demokratiekonformen Funktionsweise der Softwa­rearchitektur dieser Bausteine nicht durch Sachverständige Dritte versichern kann. Weil Technik­einsatz als dienendes Instrument und nicht als „autoritär-administrierende-Fern­steuerung“ zu kon­zipieren ist, muss eine demokratische Gesellschaft auch für Software des öffentlichen Dienstes Mitbestim­mungsrechte ausüben kön­nen. Insofern ist Open-Source-Software eine Voraussetzung für demokratiekonforme Open-Governe­ment-Lösungen.

Nach der Eröffnung des nordrhein-westfälischen Open-Data-Portals open.nrw am 16. März 2015, könnte nun überlegt werden, die Open-Government-Strategie des Landes auch für die Kommunen auf der Basis technischer Offenheit mittels Open-Source-Software weiter zu fördern. [2]

Dieser Text stellt übernommene und anknüpfende Überlegungen zu „Open Government – ein aktuelles Thema für Aus- und Fortbil­dung“, Reinhard Mokros, Vizepräsident der FHöV NRW, Gelsenkirchen, apf, Aus­bildung – Prüfung – Fachpraxis, Zeitschrift für staatliche und kommunale Verwaltung, Heft 9, Sep­tember 2013, 39. Jahrgang, Seite 257ff dar.

  1. [1] vgl. Stefano Zacchiroli (fsfe.org/campaigns/ilovefs/whylovefs/whylovefs.en.html [abgerufen am 22.03.2015])
  2. [2] vgl. SPD – Bündnis 90/Die Grünen: Koalitionsvertrag NRW 2012-2017, S. 117
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